Transkription mittelalterlicher Texte
Der Begriff Transkription stammt vom lat. trans ‘hinüber’ und scribere ‘schreiben’ ab. Transkription bezeichnet in unserem Fall die Übertragung einer Schrift in eine andere Schriftart. Im konkreten Fall werden mittelalterliche Texte, wie sie in den Manuskripten (= Handschriften, von lateinisch manu scriptum ‚von Hand Geschriebenes‘) stehen, auf dem Computer abgetippt.
Das hat mehrere Gründe: Schreibsysteme und Schriftarten verändern sich im Laufe der Zeit. Alte Schriften sind mitunter schwer zu lesen und nicht jeder ist in der Lage diese mittelalterliche Handschriften zu entziffern. Es würde also nicht reichen ‘nur’ Bilder von Handschriften zu zeigen. Um sie mit dem Computer weiterverarbeiten zu können, müssen die Texte in digitaler Form vorliegen.
Bevor man eine Transkription angefertigt muss man sich überlegen wie tief man einen Text erschließen will, d.h. was soll denn eigentlich alles übertragen werden und wie detailliert soll das geschehen. Was macht man beispielsweise mit alten Schriftzeichen für die es in unserer modernen Schrift keine Entsprechung mehr gibt. Wir haben im Projekt eine hyperdiplomatische Transkription angefertigt. Der Text wird dabei nicht nur buchstabengetreu abgeschrieben, sondern die historische Schrift wird sehr detailliert bis zu einzelnen Teilen von Buchstaben oder Zeichen übertragen. Zum Beispiel wird das heute nicht mehr gebräuchliche Schriftzeichen für ein s - nämlich das lange s oder auch Schaft-s - ebenso vermerkt wie verschiedenen Kürzungszeichen die verwendet wurden.
Eine möglichst genaue Transkription kann die unterschiedlichsten Interessen bedienen. Für die Linguistik sind zum Beispiel verschiedene Schreibvarianten wichtig, um Sprachentwicklungen untersuchen zu können. Um eine Handschrift datieren zu können, also zu bestimmen wann eine Handschrift entstanden ist, braucht es detaillierte paläographische Informationen. Bestimmte Dinge im Layout einer Handschrift können für deren inhaltliche Erschließung wichtig sein usw. Nicht für jeden Nutzer/ jede Nutzerin sind alle Informationen gleich wichtig. Es kommt immer auf das jeweilige Interesse an. Je nachdem kann was benötigt wird können die Daten reduziert werden. Wer beispielsweise nur daran interessiert ist, welche Zutaten in einem Rezept vorkommen, braucht keine Unterscheidung von verschiedenen Buchstabenvarianten, hier genügt z.B. eine Auflistung von Zutaten. Informationen/Daten lassen ohne Probleme reduzieren, nachträglich Daten hinzuzufügen, ist dagegen erheblich schwerer.
Helmut Werner Klug
Direktion (bis 31.12.2023)Elisabethstraße 59, 3. Stock
8010 Graz
Literatur
Schneider, Karin. 1999. Paläographie und Handschriftenkunde für Germanisten: Eine Einführung. Tübingen: Niemeyer.
Sahle, Patrick. 2013. Digitale Editionsformen. 3 Bd. Norderstedt: BoD.
Kodikologie und Paläographie im digitalen Zeitalter. 2009-2017. 4 Bd. Norderstedt: BoD.